Feedbacks ATMA Jahrgang 2003/2004 (3)

Dieter Haug: Professional  2003 / 2004
Dieter Haug: Professional 2003 / 2004

„You may say I’m a dreamer, but I’m not the only one .....” John Lennon  (1940-1980), “Imagine”

Als Wunderkind wurde ich nicht geboren, deshalb mußte ich mir Vieles,  was ich heute an der Gitarre beherrsche, in meiner langen, nunmehr mit  kurzen Unterbrechungen 40- jährigen Laufbahn, mit viel Übung und teilweise sehr mühsam selbst aneignen. Wohl aber wußte ich bereits im  zarten Alter von 6 Jahren, daß ich Gitarrist würde und eiferte seitdem meinen großen Idolen, den Beatles, vor allem John Lennon und George Harrison nach. Damals konnte ich nicht im Entferntesten ahnen, was mich auf  diesem langen und wie sich später herausstellte, ziemlich abenteuerlichen Weg erwarten würde.
    
Alles, was ich damals zur Verfügung hatte war: Eine Sperrholzgitarre, zwei sensible Ohren, einen Traum, viel Durchhaltevermögen und einen Lehrer, der sich weigerte, mir dieses „Geschrei von langhaarigen Taugenichtsen“ beizubringen, worauf ich ihn nach einem Jahr aus meinem Dienst entließ.

Meinen sensiblen Ohren vertraute ich Gott sei Dank mehr und sie ließen mich schon damals erkennen, daß es sich dabei nicht um „Gejaule“, sondern um Musik vom  Feinsten handelte, was dann auch allgemein, allerdings erst sehr, sehr viel später, anerkannt wurde.

So wurde ich nicht nur Gitarrist, sondern auch Autodidakt, bis ich nach 36 Jahren erstmals Unterricht an der Klassischen Gitarre (In der Meister- klasse von Johannes Tonio Kreusch, Musikhochschule München) und nach 39 Jahren Unterricht an der E-Gitarre und Western-Gitarre (Im Professional-Kurs bei Abi von Reininghaus, A-TEAM Music Academy, München) nahm.

Ferner hatte ich zu Gymnasiumszeiten das große Glück,  einen aufgeschlossenen Musiklehrer, Johannes Röck, zu haben, der mir in seiner Freizeit die Regeln des 4-stimmigen Satzes beibrachte.

In damaligen Bandarrangements erkannte ich, daß solche Kenntnisse bei  komplexeren Strukturen sinnvoll sind, soll eigene, aber auch gecoverte Musik nicht ins Chaos abgleiten.

Ich denke, daß ich ein Wörtchen mitreden kann, wenn es um E-Gitarre, Pop, Rock, Blues, Bands, Gigs, Equipment, Arrangements etc., kurzum alles, was mit dem Begriff „Sex, Drugs and Rock’n Roll“ sehr treffend umschrieben ist.

Gestartet mit Sperrholzgitarre, fand ich bald meine  größte Entdeckung, den Blues, meine musikalische Heimat, spielte ab 16 in geilen Bands, war bald in die tollsten Abenteuer verwickelt und erkannte, daß es nicht nur um die hand- werkliche Seite, sondern auch um die Lebenseinstellung geht.

Ich erlebte Erfolge und Mißerfolge, Höhen  und Tiefen, Freundschaften und Verluste, den Adrenalin-Kick, wenn eine große Menschenmenge sich auf deinen eigenen Groove bewegt und deine Verantwortung darin besteht, diesen Groove nicht abreißen zu lassen, sonst zerfetzt dich die Menge, lernte angenehme, weil unkomplizierte Groupies kennen, welche das Leben auf und hinter den Bühnen verschönten, ich überwand Drogensucht und -Entzug, betrauerte  Bandmitglieder, die durch Drogenexzesse ums Leben kamen oder mit ihrer Harley tödlich verunglückten, mußte die Auflösung einer Band miterleben, weil der Bassist bei einem Unfall mit dem Bike Freundin und den rechten Arm verlor und überlebte selbst einen schweren Motorradunfall.

Ich denke, ich stimme mit den Größen des Rock-Buisiness überein: Aus diesen
Triebkräften bezieht der Rock’n Roll seine größte Power, zugleich liegen dort auch die größten Gefahren. Auf einen Punkt gebracht: Gitarre spielen ist saugeil, aber lebensgefährlich! (Hoffentlich müssen die Gitarrenbauer nicht, wie bei den Zigarretten, diesen Hinweis in Großbuchstaben schwarz auf weiß auf die Gitarren malen!)

Ich danke Gott, daß ich diese Gefahren überleben konnte und spielte in meinen mittleren Jahren in verschiedenen semi-professionellen Rock- und Bluesbands, bemerkte lange Zeit nicht den Erzfeind des Rock’n Roll: die  Bürgerlichkeit, der schleichende Tod der Rockmusik. Ein Musiker nach dem anderen entschwand: Lederhose gegen Krawatte, Matte gegen Bierbauch, Marshall gegen IBM, VW-Bus gegen Audi, Gigs gegen Konferenzen. Das war’s  dann: Einmal im Jahr zum Jubiläum (vielleicht) rocken! Ich spielte zwar weiterhin Klassik-Gitarre, aber kaum mehr E-Gitarre und erinnere mich noch an den denkwürdigen Tag vor etwas mehr als einem Jahr, als es in meinem Musikzimmer plötzlich einen Knall gab und an meiner Strat von selber eine Saite riß, weil diese durchgerostet war. Das war ein harter Schlag, und in einem Kurzfilm liefen alle tollen Erlebnisse, die ich mit ihr hatte, vor meinem geistigen Auge ab. Zugleich war es auch der Startschuß, etwas zu ändern: entweder verschrotten oder  weitermachen. Da ich kein Typ bin, der leicht aufgibt, entschied ich mich für das Letztere.

Und ich glaube daran, daß wenn man sich etwas von Herzen  wünscht und aufmerksam genug ist, einem auch entsprechende Hilfe zuteil wird.

So flatterte ein paar Tage später eine Werbebroschüre des Music Shop für das A-Team, verspätet wegen eines organisatorischen Fehlers, in meinen  Briefkasten, Beginn des nächsten Kurses: gestern.

Das könnte genau das Richtige sein, um einen eingerosteten alten Hasen wie mich wieder auf  Vordermann zu bringen! Also sofort Abi von Reininghaus angerufen, ob noch ein Platz frei ist und auf die Schnelle einen Termin für die
Aufnahmeprüfung vereinbart.

Zwei Tage Vorbereitung zur Playback-CD und hinein ins Geschehen. Das war genau das Richtige für mich, endlich konnte ich zeigen, ob ich als erfahrener Sessionmusiker in den vielen und oft endlosen Sessions auch was gelernt habe...... Ich war überglücklich, als ich die Aufnahmeprüfung bestand. Ich spürte sofort, daß Abi aus dem gleichen musikalischen Holz geschnitzt ist, wie ich. Nachdem er mir ein paar Takte vorgespielt hatte, wußte ich, daß er über eine ganz hervorragende und ausgesprochen „saubere“ Spieltechnik verfügt (ich meine hier nicht „sauber“ im eigentlichen Sinn, denn solche Sounds sind eher klinisch tot, sondern eine ganz gezielte Art von „rotzigem“ Sound, die nur die unerwünschten Nebengeräusche unterdrückt, die E-Gitarren-typischen Zerrsounds jedoch bewußt einsetzt).

Auch verfügt er über eine sehr große Bandbreite unterschiedlicher Stilrichtungen und Spieltechniken, ist dabei aber vollkommen authentisch er selbst. Motive und Themen spielt er ausgesprochen lebendig und beherrscht alle Mittel der Agogik. Sein Timing ist perfekt. Er geht ausgesprochen analytisch vor, er weiß immer, wann er was warum macht und kann dies auch gut anderen übermitteln.

Dabei verliert er nie den Überblick über das Arrangement und den musikalischen Rahmen. Er hat äußerst sensible Ohren, die sogar das Kratzen des Picks wahrnehmen, seinen Ohren entgeht wirklich nichts.

Ich wußte sofort, daß ich bei ihm das lernen konnte, was mir spieltechnisch fehlte, die feinen Nuancen des muscle memory und pick control.

Daraufhin habe ich mir seine CD King Of Heart besorgt, von der ich nach  wie vor zutiefst beeindruckt bin. Ich kenne viele Alben von den weltbesten Gitarristen und habe einige noch live erlebt: Muddy Waters, Steve Ray Vaughan, Dave Gilmour, Johnny Winter, Albert King, Eric Clapton, Mark Knopfler, Gary Moore, John Mc Laughlin, Al Di Meola (alle live, mit Albert King, dem Cousin von B.B.King, der ausgesprochen freundlich war, hatte ich die Ehre, nach einem Konzert in New Yorker Blue Note hinter der Bühne ein paar Takte jammen zu dürfen.)

Abi’s Scheibe King Of Heart zählt für mich bei den E-gitarristischen Soloalben zum Besten, was ich bis jetzt gehört habe und rangiert auf dem Niveau von Dave Gilmour und Al Di Meola. Beeindruckend finde ich, daß es bis auf das kurze Zwischenspiel von „Dolly Diamond“ voll instrumental ist. Seine Qualität kann es mit Genesis- oder Pink-Floyd-Instrumentals aufnehmen. Er spielt besser als manch Superstar und ist selbst kein Superstar, was ich hier als Vorteil empfinde, nicht, daß ich ihm nicht wünschen würde, einer zu sein, Spielen tut er bereits so, sondern weil man ihm deswegen ganz normal begegnen kann, ohne glamour und bodyguards, in völlig entspannter Atmosphäre.

Abi spielt nicht nur phantastisch E-Gitarre, sondern beherrscht excellent auch die Akustik-Gitarren (Nylon und Stahl), ganz besonders die Western-Country-Gitarre, hier merkt man seine hohe Nashville-Schule.

Bluegrass-Akrobatik ist für ihn kein Problem und Slide spielt er perfekt. Den auf die Westerngitarre erweiterten Untericht fand ich besonders aufschlußreich und auch hier gab es eine gemeinsame Wellenlänge, denn Abi vertritt wie ich die Ansicht, daß es häufig eine solide gespielte Akustikgitarre ist, welche bestimmten Songs den nötigen Druck verleiht und das rhythmische Gerüst liefert, selbst aber im Hintergrund bleibt oder genial im Mix verschwindet.

Wer das nicht glaubt, der höre sich z.B. All Along The Watchtower von Jimi Hendrix an: Ohne Akusikgitarre wäre dieser Song öde  und drucklos. In diesem
Unterrichtsabschnitt kommen Slide-Spieler wie ich voll auf ihre Kosten.
Die technischen Übungen, welche Abi anbietet, sind perfekt gegliedert und systematisch in die elementaren Bausteine für rechte und linke Hand zerlegt. Abi geht hier sehr gezielt auf jeden Teilnehmer ein und ermittelt eines Jeden Schwächen und Stärken in Elementar-Disziplinen:

Aufstrich und / oder Abstrich in Time / zu weit vorn / zu weit hinten? Intonation beim Saitenziehen zu niedrig / zu hoch? Dämpfen nicht  benötigter Saiten? etc. Er geht gezielt auf Fragen ein. Der Gruppenunterricht fördert Gehör und Rhythmusgefühl. Das regelmäßige Vorspielen und Recording eines Jeden vor versammelter Mannschaft ist eines der Schlüsseldisziplinen und meines Erachtens einer der besten Schulungen des Kurses und selbst für Vollprofis, die fast jeden Tag auf der Bühne stehen, immer wieder eine große Herausforderung mit den zentralen Fragen: Wie gehe ich mit der Nervosität und dem Adrenalin um? Wie wirke ich auf der Bühne? Wie bringe ich das rüber, was ich wirklich
kann?

Musiktheorie, 4-stimmige Funktionsharmonik, die wichtigsten Scales, Tonleitern, Kirchentonarten und einige besondere Tonleitern einschließlich sämtlicher zugehöriger Patterns sowie auf genial vereinfachte und minimale Anzahl zurückgeführte Akkordgrifftabellen bilden einen weiteren Schwerpunkt. Diese Akkordtabellen finde ich besonders gut und einzigartig, weil hier auf wenigen Seiten das ausgedrückt wird, wofür Andere ganze Bücher benötigen. Mit Hilfe dieses Stoffes ist jeder in der Lage, sich entweder schnell in einem schon
bestehenden Song zurechtzufinden oder auch eigene Songs zu komponieren.
Dazu gehören auch häufig verwendete Standard-Akkordbewegungen und Voicings.


Besonderen Wert legt Abi auf Griffbrettorientierung, Visualisierung und Rhythmuslehre, diese Dinge werden regelrecht gedrillt, ich denke, er geht davon aus, daß man ohne Orientierung nicht weiß, was man spielt und daß ohne Rhythmus kein Groove entsteht und die Zuhörer anfangen, sich über das Wetter zu unterhalten.

Hervorragend fand ich auch seine harmonische Systematik des Blues, welcher mit der klassischen Harmonielehre nicht erklärbar ist, aber trotzdem funktioniert (Blues und die 12-Ton-Musik sind für mich die einzigen, wirklich neuen Musikentwicklungen des 20 Jahrhunderts, wobei im Unterschied zur 12-Ton-Musik der Blues ohne aufgestellte Nackenhaare hörbar ist. Wer das nicht glaubt, der höre sich mal Alban Bergs Wozzek an.) Ich bin ein alter Blues-Musiker, wobei Blues für mich eine Einstellung bzw. Stimmung ist, ich spiele sogar in klassischen Kompositionen Blues. Den traditionellen Blues habe ich immer traditionell nach Gefühl und Gehör gespielt und in dem Wissen, daß
bestimmte Töne auf bestimmten Stufen gut klingen und auf anderen Stufen nicht, ohne dies erklären zu können. Ich habe schon Bücher darüber gelesen, in denen die Autoren verzweifelt, jedoch vergeblich versuchten, den Blues zu erklären. Abis Funktionsharmonik definiert verschiedene Abschnitte und kann dort jeweils genau erklären, warum gewisse Töne nur an gewissen Stellen klingen, an anderen nicht, das ist wirklich genial.

Vervollständigt wird das Proramm durch umfangreiche Betrachtungen zur Pflege der Instrumente und zu sämtlichem Zubehör wie Saiten, Kabel, Amps, Effekte, Mikrofone, Einstellungen, Miking von Amps und Akusticgitarren etc. Auch hier verfügt Abi über ein enormes Wissen und gibt viele wertvolle, nützliche Anregungen. Hier spürt man seine langjährige Bühnen- und Studioerfahrung. Viele praktische Hörbeispiele, ein Studiotag und ein Live-Concert, bei dem jeder selbst auf der Bühne steht, begleitet von je einem hervorragenden Drummer und Bassisten, runden das einjährige Unterrichtsprogramm ab.

Auf einen Nenner gebracht, kann ich sagen: Der A-Team-Professional-Kurs hat alle meine Erwartungen übertroffen und war für meine gitarristische Laufbahn eine große Bereicherung.”